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Gleisbaumaschinen

Die Gleise der Kreuzung Müllerstrasse/Frauenhoferstrasse werden ausgetauscht

Gleisbaustellen sind so alt wie die Trambahn selbst in München. Vermutlich ist das Grandeln der Münchner über diese Gleisbaustellen ebenso alt. 

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Gestern wie heute sind Arbeiten an Schienennetz der Münchner Tram sehr umfangreich, schwierig und brauchen viel Planung und Zeit zur Umsetzung. Dabei geht es nicht nur um die Erweiterung des Schienennetzes, sondern auch darum, abgenutzte Gleise auf den Streckenabschnitten auszutauschen. Der Gleisbau ist die elementare Voraussetzung für schienengebundenen Trambahnverkehr. Auch wenn es uns heute so scheint, dass es eigentlich nur noch Gleisbaustellen in München gibt, - das ist nichts Neues und war schon immer so. Egal ob es jetzt Veränderungen, Erneuerungen oder Erweiterungen sind, München ist durch ihr weit verzeigtes Liniennetz immer die Hauptstadt der Gleisbaustellen. 

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Früher waren alle diese Arbeiten bei den Betrieben der Münchner Trambahn angesiedelt und es gab einen grossen Stab an Mitarbeitern, die hier beschäftigt waren. Auch war ein erheblicher Wagenpark mit dem Gleisbau beschäftigt und den wollen wir hier reich bebildert vorstellen. 

Wenn heute ein komplexer Weichentausch oder Streckenerneuerung stattfindet, greift man heute sehr schnell zu Komplettsperrungen und Schienen-Ersatzverkehr. Wie schon das breite Titelbild dieser Rubrik zeigt, wurde früher sehr viel mehr quasi am offenen Herzen gearbeitet. So lang wie möglich wurde der Fahrbetrieb aufrecht erhalten, was damals auch nicht immer ging, aber bestimmt öfter gemacht wurde wie heute. 

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München verwandelte sich in der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre in eine grandiose Baustelle für U-Bahnen, S-Bahnen und weiteren umfangreichen Bautätigkeiten. Dabei wurde so lange wie möglich der Trambahnverkehr über die Baustellen geführt. 

Beim Griff in unser schier unerschöpfliches Schatzkästchen des Bilderarchivs wurde klar, dass praktisch seit Betriebsbeginn der Münchner Trambahn gebaut wurde. Wir versuchen hier einiges davon zu dokumentieren und vor allem präsentieren wir die Maschinen, mit denen das über die Jahrzehnte bewerkstelligt wurde.

Aufnahme: Dieter Kubisch

Bevor eine Strecke komplett gesperrt wurde, gab es zuerst ampelgeregelte Gegenverkehrsstellen wie hier in der Augustenstrasse.

Während des Baus des Stachus-Untergeschosses mit S-Bahnhof wurde keine Trambahnlinie gesperrt. Die Gleisführung erfolgte teils recht abendteuerlich über Stelzen, Verschwenkungen und andere waghalsigen Konstruktionen. 

Schweißumformer bzw. Schweißtrafos braucht man zum Elektroschweißen. Elektroschweißen benötigt sehr hohe Stromstärken bei relativ niedriger Spannung. In der Fahrleitung (600 V) oder heute im Netz (230 V oder 380 V) ist die Spannung viel zu hoch und die Stromstärke viel zu gering. Heute verwendet man elektronische Bausteine, um Strom und Spannung umzuformen. Früher war man auch nicht blöd. Man nahm einen großen Gleichstrommotor für 600 V Spannung und koppelte ihn mit einem weiteren Gleichstromgenerator, der dann die hohe Stromstärke bei niedriger Spannung geliefert hat. Das waren dann die sog. rotierenden Umformer. Eigentlich hat man Umformer genutzt, um z.B. Wechselstrom in Gleichstrom umzuformen oder Wechselstrom mit 50 Hz in Bahnstrom mit 16 2/3 Hz. Aber bei der Tram mußte man Schweißumformer verwenden, weil man nur Wechselstrom in einem Trafo auf eine andere Spannung und andere Stromstärke transformieren kann. Bei Gleichstrom (Trambahn) funktioniert ein Trafo nicht. Daher hatten auch die alten Trambahnen meist einen kleinen Umformer, um die niedrige Spannung für die Batterien und die Beleuchtung zu erzeugen. Heute macht das alles die Elektronik.

Hier ist der Elektroschweiss-Wagen Nummer 3 unterwegs. Er musste mit einer Zugmaschine zum Einsatzort gebracht werden. Die Aufnahmen entstanden 1941. Im Hintergrund steht eine alte Akku-Lok, die zu einem Arbeitswagen umgebaut wurde.

Früher hat man bei den besonders von den M-Wagen ausgefahrenen Vignolschienen einfach die Schienen gegeneinander getauscht und dann die neuwertige Seite des Schienenkopfs abgefahren, bevor man die Schienen erneuert hat. Heute werden Schienen ohne jegliche Abnutzungsspuren z.B. auf der L 18 zwischen Fürstenrieder und Senftenauer Straße erneuert (2016).

Die sog. Gleisbaumaschinen hatten noch einen weiteren Zweck: Früher hatte man begrenzte Gleisabnützungen am Schienenkopf mit elektrischer Auftragsschweißung repariert und damit die Liegedauer der Schienen massiv verlängert. Da jedoch die Schweißraupen der mit Stabelektroden händisch geschweißten Stellen sehr ungleichmäßig waren, hätte man sie mit den Handschleifmaschinen nie so eben gebracht, wie es für den Trambetrieb notwendig gewesen wäre. Daher hatten die beiden "Gleisbaumaschinen" ein Führungsbett analog Drehbänken oder ähnlichen spanabhebenden Maschinen. Darauf lief dann der Support der Schleifscheibe und so konnte die zu bearbeitende Schiene Lage für Lage bis auf das Sollmaß mit höchster Präzision auf der Distanz zwischen den beiden Enden des Maschinenbetts geschliffen werden.

Das ist ein Schweißumformer von Brown Boverie & Cie Mannheim. Auf dem Bild sieht man gut die Massefahne, die am Gleis zur sicheren Stromrückführung angeschweißt wurde. Links davon der Magnetschuh, der zur Stromrückleitung gedient hat, um mit dem Umformer die Massefahne anschweißen zu können.

Interessant ist aber auch die soziale Komponennte der damaligen Arbeitsabwicklung. So hatten doch alle Elektroschweißwagen in dem Raum, in dem der Schweißtrafo transportiert wurde auch gleich einen Brotzeitraum integriert, meist sogar mit einer Kochplatte, um das im Henkelmann mitgebrachte Mittagessen aufwärmen zu können. Da könnte sich unsere moderne Arbeitswelt schon eine Scheibe abschneiden.

Handschweissen kann nur bei Reparaturen oder kleinen Änderungen angewand werden. In München werden die Schienenthermit-geschweisst. Hier sehen wir schon die Flotte zum Thermitschweissen 1941 für den Fotografen aufgestellt.

Die ersten Eisen- & Stahlschienen wurden klassisch verschraubt. Thermitschweissen ist schon lange bekannt und wurde schon 1895 patentiert. Die Thermitreaktion wird im Gleisbau verwendet, um Schienenenden miteinander zu verschweißen und einen nahtlosen Gleiskörper zu schaffen. Thermit wird seit etwa 1920  angewendet.

Hier auch noch die Formel, nachder das alles abläuft, - aber Vorsicht beim Nachmachen, es können Temperaturen von über 2000 °C erreicht werden.

An die mit 2 cm Lücke fest ausgerichteten Schienen werden seitlich Gusshalbformen mit Halteblechen angepresst und mit Formsandmasse angedichtet. Mit einer Gasflamme werden dann die Schienenenden samt Form getrocknet und vorgewärmt. Der Schmelztiegel mit Schamottauskleidung wird genau über dem Einguss positioniert und vorsichtig gezündet. Das Aufsetzen einer Tiegelkappe mit Mittelloch isoliert und schützt vor Spritzern, während sich die Pulvermischung rauchend umsetzt. Früher wurde der Guss händisch ausgelöst, heute autonom. Der flüssige Stahl rinnt dabei in die Form, füllt sie und läuft an Steigkanälen über, wobei die Schienenenden etwas aufgeschmolzen werden. Nach 3 Minuten ist die Schweißstelle so weit erstarrt, dass die Form entfernt und die Bearbeitung oben durch Abscheren beginnen kann.

Im Bild zu sehen ist der Rüstwagen 115 als Thermit-Schweiss-Wagen Nummer 1 im Jahr 1941, eine Zeit in München, wo das Münchner Kindl gut erkennbar in einer etwas abgewandelten Version auf den Trambahnwagen & Betriebswagen erschien. 

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Im hinteren Teil des Wagens war ein Arbeitsraum eingebaut, es erinnert schon fast an ein frühes Wohnmobil. 

Eine Bilderfolge aus dem Jahr 1920 zeigt das Verladen und Transportieren der Schienen. Dass sich die Stadtwerke und Verkehrsbetriebe in München noch lange selbst um ihre eigenen Schienen kümmerten, verrät schon der Name "Gleisbauhalle" auf dem Gelände der Hauptwerkstätte an der Ständlerstrasse. 

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Auf den Bildern ist schön zu sehen, wie die Aufgaben verteilt waren. Der Transport-LKW hat noch Vollgummireifen. 

Der Transport vom Lager zur Gleisbaustelle über die Brücke über den Nymphenburger Kanal an der Nördliche Auffahrtsallee / Menzingerstrasse. Fast 100 Jahre liegen zwischen diesen Aufnahmen von heute & damals.

Gesammelte Filme über den Schienenbau bei der Münchner Trambahn

Der Romanplatz verdankt seine Verkehrsanbindung an die Stadt München eigentlich dem Volksgarten, der an der heutigen Notburgastraße lag. Dort endete die erste Münchner Dampftrambahn ab 9. Juni 1883. Im Stadtplan von 1885 sieht man die Strecke durch die Romanstraße aus der Residenzstadt München kommend.

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