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Der Schienenbau der Münchner Pferdebahn
Ab 1770 wurden gusseiserne Schienen auf Steinblöcken verlegt. 1820 gelang es John Berkinshaw in Durham, Schienen durch Walzen zu erzeugen, sie damit also aus haltbarerem Material und in großen Längen (damals 15 Fuß = 5.5m) herzustellen. Mitte des 19. Jahrhunderts erfolgte der Übergang zu den wesentlich länger haltbaren Stahlschienen. Und damit sind wir in der Entwicklungszeit der Münchner Pferdebahn.
Die Pferdebahn-Schienen hatten den Vorteil, dass sie nicht tonnen-schwere Lokomotiven tragen mussten, sondern nur maximal besetzte Pferdebahnwagen. Dazu kam, dass damals die meisten Straße der Residenzstadt München noch Makadam waren, also in mehreren Schichten verdichteter Schotter verschiedener Größe. Damit war die Gefahr, dass Steine in die Rillenschienen geraten sehr groß. Oft versuchte man daher mit Pflastersteinen recht sun links der Schienen dies zu verhindern.
Trotzdem bleib oft das Problem, dass die Scheinen aus der Straße herausragten und für Fuhrwerke ein Ärgernis waren. Unsere Skizze zeigt eine sehr frühe Version der Gleisbaus in München, der in einem Schreiben von 1874 an den Magistrat so vorgeschlagen wurde.
Die damalige Technik der Herstellung von Schienen für Trambahnen ließ 1874 auch nur maximale Schienenlänger von 4 bis 6 Metern zu. Man kann sich daher schon ein gewissen Bild der Laufruhe der Pferdebahn-Wagen machen. Das relativ geringe Gewicht der Pferdebahnwagen ließ auch einen weiten Abstand der Schwellen zu.
Die Problematik dieser Balkenbauweise war die fehlende Imprägnierung der Holzbalken. So verfaulten sie relativ schnell und mussten schon nach wenigen Jahren gewechselt werden. Der komplette eiserne Oberbau war anfangs noch sehr teuer und es konnten keine größeren Längen gezogen werden.
Eine weitere Bauform wurde mit dieser Version dem Magistrat vorgeschlagen. Nachteil waren bei dieser Bauform die Schrauben von oben, die sich negativ auf die Laufruhe auswirkten.
Für die erste Straßenbahn Europas, die Straßenbahn Paris, meldete hingegen der Ingenieur Alphonse Loubat 1852 ein Patent auf U-förmige und in der Fahrbahn versenkte Schienen an, die auf Längsbalken aufgenagelt ohne Überstand in die Fahrbahn eingebaut werden konnten.
In einem vom Magistrat Münchens beauftragten Gutachten für eine Pferdebahn vom 20. Oktober 1868 finden wir diese beiden Hand-Skizzen über den Schienen-Oberbau, also noch 9 Jahre vor dem Bau der Münchner Pferdebahn. Bildlich simuliert wird hier die Schienenverlegung auf Pflasterstraßen mit minimalster Beeinflussung von kreuzenden Pferde-Fuhrwerken.
Diese alte Skizze aus einem Brief aus Stuttgart vom 25.November 1872 stellt weitere Probleme beim Gleisbau auf Straßen dar: die Spurkränze konnten zwar den weichen Makadam eindrücken, allerdings gab es große Probleme bei der Pflasterung, wenn man normale Schienen verwendete. Die Stuttgarter lösten das Problem mit Füllsteinen auf der Spurkranzseite der Schiene.
Bei der Durchsicht der Akten zum Thema der Pferdebahn in München fällt auf, dass man einerseits sehr zurückhaltend mit diesem Thema im Münchner Magistrat umging, andererseits durchaus viele Informationen von Städten wie Stuttgart und Hamburg einholte, die bereits Pferdebahnen betrieben. Hier ist eine Skizze des Oberbaus in Hamburg von 1873. Es sind die Lage der Schienen in einer Schnittzeichnung durch die Espanade und die Ferdinandstraße gezeichnet und der Aufbau der damals dort verwendeten Schienentypen.
Ein Hamburger Pferdebahnwagen aus diesen Jahren
Als Resultat von verschiedenen Reisen des Stadtbaurates Zenetti in Städte, die bereits eine Pferdebahn hatten, formulierte er eine Aufstellung für Bedingungen einer Pferdebahn in München, unter anderem mit viel interessanten Details zum Oberbau der Pferdebahn.
Letztlich baute der Pferdebahn-Unternehmer Otlet nebenstehende Schienen in seine ersten 3 Strecken ein. Bereits 6 Jahre nach Inbetriebnahme mussten aber schon Gleiserneuerungen erfolgen. Dokumente in den Archiven berichten bereits ein halbes Jahr nach der Pferdebahn-Eröffnung von Gleis-Senkungen am Bahnhofsplatz, die von der Polizeidirektion reklamiert wurden. Es entstand ein langer Streit, wer für die Qualität des Unterbaus der Pferdebahn zuständig sei, das Bauamt der Residenzstadt oder der Pferdebahn-Konzessions-Halter. Dass die ersten Unterbau-Konstruktionen nicht sehr stabil sein konnten, sieht man auch an der Schnelligkeit der Baumaßnahmen. Es wurden mehrere Kilometer Gleis auf teils Makadam-befestigten Straßen in nur 3 Monaten gebaut werden. Ein weiterer dauernder Streitpunkt zwischen Pferdebahnbetreiber und Magistrat sowie Pilzeidirektion war die Zuständigkeit der Finanzierung bei Pflasterungen rund um die Pferdebahn-Schienen. Der Magistrat verlange von allen Fuhrwerken, die nach München einfuhren, einen Pflasterzoll, argumentierte Otlet, also müsse er dann auch bezahlen.
Ein Dreiviertejahr nach der Eröffnung der ersten Pferdebahn-Streck wurde bei der Planung weiterer Strecken trefflich über den besten Schienentyp gefachsimpelt.
Ein Ausschnitt aus der Münchener Gemeindezeitung von 1877 dokumentiert die Zusammenarbeit von Magistrat und Tramway-Gesellschaft.
Noch in der Pferdebahn-Epoche in München veränderten sich die Schienenformate. Die 2.Hälfte des 19.Jahrhunderts brachte auch einen enormen Schub in der Industrialisierung und technischen Entwicklung, dass fast jährlich neue Bauformen erschienen und sich teilweise bewährten oder auch wieder verschwanden. Die Holzschwellen waren noch viele Jahre die erste Wahl beim Unterbau, bevor man der Stabilität halber lieber Betonplatten verbaute. Am Ende der Pferdbahnzeit konnte man nicht so einfach eine Oberleitung spannen und den elektrischen Betrieb aufnehmen, sondern musste für die deutlich schwereren elektrischen Trambahnwagen mit über 10 Tonnen Eigengewicht auch den Unterbau ertüchtigen. Außerdem mussten alle Schienenübergänge elektrisch leitend sein.
Das relativ geringe Gewicht der Pferdebahnwagen erforderte auch keinen so umfangreichen Unterbau. Erst als die tonnenschweren Dampf-Trambahn-Loks kamen, wurden 1883 die Schwellenabstände verkleinert und ausschließlich Volleisen-Schienen verbaut. Unser Ausschnitt zeigt die Romanstraße der Dampftrambahn mit den gepflasterten Abschnitten an der Kreuzung mit der Amortstraße (Süden ist oben). In der Mitte der Haltestelle ist ein gepflasterter Streifen, um unversehrt zum Gehsteig an der Seite zu gelangen. Diese Baumaßnahmen waren über die Jahre ein ewiger Zankapfel, wer das zahlt und wer bestimmt, wo das nötig ist.
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