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Herr Pollitzer und die Münchner Trambahn

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Johann Pollitzer wurde am 30.12.1911 geboren und verstarb (an den Folgen eines Treppensturzes) am 7.2.1998; zu diesem Zeitpunkt war er Mitglied unseres Vereins.

 

Hans Pollitzer war ein Original und seit frühester Jugend ein Trambahnfan - nicht nur aber vor allem  - der Münchner Trambahn. Er war durch eine Erbschaft anfangs recht vermögend und begann bereits in den 1960er Jahren mit dem Sammeln von Ansichtskarten und Fotografien von Münchner Trambahnen. So trug er eine sehr große Sammlung zusammen, fotografierte dazu auch gelegentlich selber und versuchte sich an stimmungsvollen, "künstlerischen" Motiven. Für einen Film arrangierte er eine Schafherde, die eine Straßenbahntrasse kreuzte.

Gruppenbild mit Dame in rotem Kleid: Hans Pollitzer (Mitte) am 19. Juni 1959  in seiner Lieblingsumgebung, einer Trambahn und der holden Weiblichkeit als Farbtupfer.

E-Tw 590 + M4-Tw 951 der Linie 9 am Gondrellplatz September 1963 tram münchen

Der Fotograf Hans Pollitzer

Pefekt arrangiert im Juni 1972 vom Kirchturm, der Markise bis zum Standplatz des Trambahnwagens, - und natürlich die Damen in Rot nicht vergessen.

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21. August 1970: der Meister des Bildarrangements auf dem Promenadeplatz unterwegs

Im Juni 1972 am Sendlingertorplatz mit Damenrunde.

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Am 24. Oktober 1971: wie durch Zufall eine Kutsche, ein Altwagen und zwei Damen in rotem Kleid.

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TW 664 am 17. Oktober 1971 in der Schleife an der Harlachinger Einkehr, komponiert mit Reitern. Quasi ein frühes Park & Ride.

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Das war sicherlich Millimeterarbeit für die Fahrer: eines der wenigen Bilder von Hans Pollitzer ohne Dame in rotem Kleid wohl arrangiert vom 13. Juni 1970 im Betriebshof Schlierseestraße.

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Der Sammler Hans Pollitzer

Der Triebwagen 539 und der Beiwagen 1472 standen bis zum 5. Januar 1969 bzw. 2. Juli 1968 im Einsatz und wurden nach ihrer Ausmusterung von dem Trambahn - freund Johann Pollitzer gekauft, der ein privates Münchner Trambahnmuseum aufbauen wollte. Aufnahme vom 18. Dezember 2005 Betriebshofs 2 in Steinhausen. Aufnahme: Peter-Michael Hübner münchen tram

Aufnahme: Peter Hübner

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Aufnahme: Dieter Kubisch

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Aufnahme TW 539 vom 18. Dezember 2005 Betriebshofs 2 in Steinhausen.  Heute wartet dieser Wagen auf seine Renovierung. 

E 3.8-Triebwagen 624 am 9. Mai 1982 im Bahnhof 3. Heute wartet dieser Wagen im Arbeitsstand des FMTM auf seine Renovierung. 

f-Beiwagen 1345 in der Fürstenfeldbrucker Hasenheide 1973.

Der g-Beiwagen 1456 im 3er-Bahnhof, heute in der HW Ständlerstraße abgestellt.

Anfangs bemühte er sich, die Münchner Verkehrsbetriebe zum Erhalt ihrer historischer Wagen zu bewegen. Die Zeit war in den 1960er Jahren jedoch noch nicht reif für ein Museum, daher kaufte er mehrere Wagen an: E-Tw 539+624, F-Tw 662, f-Bw 1345+1357, g-Bw 1456 +1472 sowie mehrere alte Fahrzeuge aus Augsburg, Ulm, Innsbruck und Frankfurt. Die beiden E/g-Züge standen lange Jahre im stillgelegten Depot Soxhletstraße und fanden ihren Weg 1982 zurück zum historischen Fuhrpark in den Bahnhof 3.

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F-Triebwagen 662 als Rangierwagen im Betriebshof 5

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Der g-Beiwagen 1472 ist heute in der HW Ständlerstraße abgestellt.

Die anderen Wagen standen im Freien in der Fürstenfeldbrucker Hasenheide abgestellt und wurden irgendwann zum HSM nach Hannover abtransportiert, nachdem mehrfach Vandalen ihr Unwesen getrieben hatten.

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Dazu hatte er aus Schrottwägen kubikmeterweise Ersatzteile wie Fahrschalter, Linientafeln oder Lampen angesammelt - alles für ein Trambahnmuseum, das er in eigener Kraft aufbauen wollte - die ihm letztlich aber fehlte.

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Er gründete das sogenannte Studio für internationale Straßenbahn- und Überlandbahngeschichte und beauftragte namhafte Kunstmaler damit, großformatige Gemälde mit Straßenbahnmotiven anzufertigen. So entstanden mehrere Dutzend Gemälde, einige davon ausgestellt im 1. Stock des MVG-Museums.

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Der Mensch Hans Pollitzer

Dessen Eröffnung konnte er nun freilich nicht mehr erleben, aber er lebt vor allem in diesen Bildern weiter und alle, die ihn noch persönlich kannten, erinnern sich schmunzelnd daran, wenn er vom Leuchten der Farben der Wagen nach einem Gewitterguß schwärmte oder kübelweise Schimpftiraden über seine Feinde ausschüttete. Er hatte den Niedergang der Tram in München hautnah miterlebt. Jeden, und es gab derer viele, der seinen Beitrag dazu leistete, hat er „Värrprräächer“ (Verbrecher) gehießen.

In seinen letzten Jahren war er zunehmend verbittert und menschenscheu; sein Vermögen ging für seine Trambahnleidenschaft drauf, doch ohne ihn wären das MVG-Museum und die Münchner Trambahngeschichte ärmer.

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Text: Klaus Onnich

Archivleiter FMTM e.V.

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