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1939 – 1945: Kriegsjahre und Zerstörung
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Mit Kriegsbeginn traten wegen der Masseneinziehung von Personal zur Wehrmacht starke Einschränkungen des Betriebs in Kraft. Neben der Verdunkelung machte sich der seit Oktober 1939 forcierte Einsatz von Schaffnerinnen bemerkbar, die mehr und mehr ihre männlichen Kollegen ersetzten.

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Daneben bereiteten sich die Münchner Verkehrsbetriebe auf den Einsatz des projektierten ESW vor. Für das neue Fahrzeugmodell sollten die Gleismittenabstände von 2,55 Metern auf 2,75 Meter verbreitert werden, womit bei laufenden Gleissanierungen und bei der im Bau befindlichen Umleitungsstrecke in Laim begonnen wurde. Zeitgleich arbeitete man daran, die engen Gleisradien von 15 Metern auf mindestens 20 Meter zu vergrößern. Im Oktober 1940 wurde im Zuge der Steinstraße zwischen Kellerstraße und Milchstraße der letzte eingleisige Streckenabschnitt der Münchner Trambahn zweigleisig ausgebaut.

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Am 6. Oktober 1940 traf im Herzen der Altstadt der erste schwere Bombenschaden das Münchner Trambahnnetz. Vier Wochen lang kam es zu großräumigen Umleitungen. Noch wurde weiterhin am Ausbau der „Hauptstadt der Bewegung“ gearbeitet, so auch an der Verlegung des Hauptbahnhofs in die Gegend der Friedenheimer Brücke. Mit der Ausweitung des Krieges kamen die Ausbaupläne Münchens 1941 zum Stillstand. Die Arbeiten an der seit 22. Mai 1938 im Bau befindlichen unterirdischen S-Bahn im Zuge der Lindwurmstraße wurden eingestellt, ebenso der Neubau des Hauptbahnhofs in Laim.

 

Wegen des steigenden Mangels an anderen Transportfahrzeugen wurde die Trambahn in zunehmenden Maße zum Gütertransport eingesetzt. Neben einem Obst- und Gemüsetransport für den Einzelhandel von der Großmarkthalle aus, wurde Expressgut mit Straßenbahnzügen zu neu errichteten Güterschuppen in den Außenvierteln befördert. Die zahlreichen für den Güterverkehr eingesetzten Arbeitstrieb- und Beiwagen (zumeist Fremdfahrzeuge aus anderen Städten) duften keine Fahrgäste befördern.

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Die verstärkt einsetzenden Luftangriffe zwangen dazu, die Trambahnwagen nach und nach mit einem erdbraunen Tarnanstrich zu versehen. Infolge der Materialverknappung verwendete man Holzfaserplatten und Resopal zur Außenverkleidung der Fahrzeuge. In den Betriebshöfen kam es zu den ersten schweren Schäden. Die Auswirkungen der Luftangriffe wurden immer massiver; mehrere schwere Bombentreffer vernichteten große Teile der Betriebshof- und Werkstattanlagen. Insbesondere die schweren Luftangriffe in den Nächten vom 9./10. März 1943 und 2./3. Oktober 1943 trafen die Verkehrsbetriebe hart. Neben der Hauptwerkstätte und den Betriebshöfen 2, 5 und 7 wurden vor allem die Depots 1 und 8 so schwer getroffen, dass sie nicht mehr instandgesetzt und aufgelassen wurden.

 

Mit aller Kraft wurde versucht, die Wagenausfälle zu kompensieren. So baute man E- und F-Triebwagen zum Einrichtungsbetrieb um, damit man die doppelt vorhandenen Türen und Fahrschalter für Wiederaufbauten und Reparaturen freibekam. Im Reichsbahnausbesserungswerk München-Neuaubing und in der Waggonfabrik Rathgeber entstanden Neuaufbauten der Baureihen G bzw. K auf den Fahrgestellen und Rahmen kriegszerstörter Fahrzeuge. Bis Kriegsende wurden 23 Trieb- und 58 Beiwagen dieser provisorisch errichteten Baureihen in Betrieb gesetzt. Die K-Wagen hatten sogar nur Nut- und Federbretter als Außenverkleidung! Zusätzlich griff die Zuteilung auswärtiger Fahrzeuge im Zuge des Reichsleistungsgesetzes. Bis Kriegsende wurden 104 Trieb- und 57 Beiwagen aus Rom, Mailand, Oslo, Dresden, Kattowitz etc. nach München geliefert, wo sie aber erst nach umfangreichen Anpassungsarbeiten in Einsatz gehen konnten; manche Fahrzeuge stellten sich jedoch als gänzlich ungeeignet heraus und bleiben abgestellt.

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Infolge der Luftangriffe mussten Linien geteilt oder ganz eingestellt werden. Nahezu täglich wurden die Linienführungen geändert. Da immer mehr Trambahnstrecken unterbrochen waren, wurde am 19. Oktober 1944 erstmals eine Güterhilfsbahn zum Personenverkehr herangezogen. Kleine Feldbahndampfloks und provisorisch für den Personenverkehr hergerichtete Loren verbanden auf neu verlegten Feldbahngleisen den Starnberger Bahnhof mit dem Steubenplatz. Zum Kriegsende verkehrten vier derartige „Bockerlbahnen“ oder „Rasende Gauleiter“, wie sie der Münchner Volksmund bezeichnete. Ab 28. Dezember 1944 kam eine weitere ungewöhnliche Hilfsbahn hinzu: auf geraden Straßenbahnabschnitten wie der Ludwig- und Leopoldstraße wurden Reichsbahndampfloks der Baureihe 98 mit Steuerwagen eingesetzt. Insgesamt drei derartige Ersatzlinien wurden eingerichtet.

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Im November 1944 erhielt die Münchner Trambahn erstmals seit 1930 neue Fahrzeuge: von den Waggonbaufirmen Fuchs in Heidelberg und Uerdingen in Krefeld wurden sechs Trieb- und zwölf Beiwagen des reichseinheitlichen Typs KSW angeliefert. Die sandfarben lackierten Fahrzeuge konnten wegen fehlender elektrischer Ausrüstung noch nicht in Betrieb genommen werden. Wie in vielen anderen deutschen Städten wurden auch in München die KSW als „Heidelberger“ bezeichnet.

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Mit dem Einmarsch der Truppen der 7. US-Armee, welche die bayerische Landeshauptstadt München im Laufe des 30. April 1945 besetzten, ging für die Münchner Bevölkerung eine Zeit unsagbarer Not und großen Elends zu Ende. Im Gegensatz zum Ersten Weltkrieg, der keinerlei Auswirkungen auf die Substanz Münchens gehabt hatte, legten die Bombenangriffe des Zweiten Weltkriegs die Stadt in Trümmer. In 74 Luftangriffen wurden 6632 Münchner getötet, rund 300 000 Menschen wurden obdachlos. 213 000 Bürger wurden evakuiert, die Einwohnerzahl betrug bei Kriegsende nur noch 479 000 gegenüber 824 000 im Jahr 1939. In der „Hauptstadt der Bewegung“ bewegte sich nichts mehr. Insgesamt hatte das Gleisnetz im Bombenkrieg 356 Treffer erlitten, das Fahrleitungsnetz war gar an 717 Stellen getroffen worden. Bei Kriegsende bestanden trotz aller Anstrengungen noch 59 Unterbrechungen des Gleisnetzes und 250 Schadensstellen bei der Fahrleitung. 178 Angehörige der Verkehrsbetriebe waren im Kriegsdienst oder bei Bombenangriffen gestorben.

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Weiter: 1945 – 1956: Zeit des Wiederaufbaus

Auch die Trambahn dient der Propaganda zur Kriegsvorbereitung: Werbung für die Volksgasmaske auf einem A-Wagen, 1938. Archiv MVG münchen tram

Auch die Trambahn dient der Propaganda zur Kriegsvorbereitung: Werbung für die Volksgasmaske auf einem A-Wagen, 1938. Archiv MVG

Zerstörte Fahrzeuge nach einem Luftangriff in der Bayerstraße, 1944. Archiv MVG münchen tram

Zerstörte Fahrzeuge nach einem Luftangriff in der Bayerstraße, 1944.

Archiv MVG

Hilfsbahnlinie in der Arnulfstraße, 1945. Archiv MVG münchen krieg tram trambahn

Hilfsbahnlinie in der Arnulfstraße, 1945.

Archiv MVG

Autor: Klaus Onnich FMTM eV., Leiter Fahrdienst Bus Ost und

stv. Betriebsleiter BO Kraft der Stadtwerke München GmbH

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